Das Unscheinbare

Augentrost und Ehrenpreis (Veronica) sind unscheinbare Blümchen mit Blüten, deren Durchmesser weniger gross sind als ein halber Zentimeter. Bei näherer Betrachtung sind sie aber wunderschön.

Ich habe einen Schutztrieb für das Unscheinbare. Das Gegenteil von unscheinbar ist scheinbar. Ist das schon das Angeberische, die Protzerei, die Klotzerei? Ueberdurchnittliche Mittel (vor allem Geld) und Bekanntheit sind praktisch immer unehrenhaft (in einem weiten Sinne) erworben. Legal oft, aber unehrenhaft. Dazu zählt auch Erbschaft und Lotterie. Ueberdurschnittliche Bekanntheit kommt heute oft durch die sehr potenten Medien zustande. Sie wird genährt durch den unliebsamen Personenkult. 

Wieso existiert soviel Personenkult: es ist auch ein Rivalisieren per Delegation. Beispiel: „Ich kenne jemand, der einem Helden nahesteht.“ Grund sind dann aber auch Simplifizieren der Geschichtsschreibung (geistige Faulheit) und nicht gelungene Ablösung von der Vaterfigur.

Warum rivalisieren wir permanent? Wir tun es seit Millionen Jahren und haben es weiter vererbt. Wer nicht rivalisiert, planzt sich weniger gut fort. Sogar beim Selbstmord kann man Angeberei nicht ausschliessen. Es werden hohe Brücken, ein schnell fahrender Zug mit viel Masse oder ein Sprengstoffgürtel gewählt. Ist sogar etwas Freude an einem letzten Adrealinkick dabei (wie Bungee Jumping)? Rivalisieren bis in den Tod geht nur per geistigem Irrweg (Vorstellung eines Weiterlebens, oder gar Glaube an die versprochenen vielen Jungfrauen).

Auch Saläre von Pop- und Sportstars sind unehrenhaft. Da hat es immer Hunderte, die leistungsmässig nicht vom Star unterscheidbar sind.

Der Affe zeichnet sich, wie der Mensch, dadurch aus, dass er Bündnisse machen kann. Erwerb von überdurchschnittlich viel Mittel oder Ehre per Verbündelung ist eigentlich auch unehrenhaft (zumindest bei Nepotismus aber auch schon früher).

Hierarchien sind auch eine unehrenhafte Verstärkung von ungleicher Verteilung von Mittel und Ehre.

Wenn ich per modernem Blog eine Verstärkung meiner Ehrensuche (Suche nach Anerkennung) suche, ist das auch schon etwas unehrenhaft und ich versuche, mich dafpür etwas zu schämen. Ich erwarte von allen Ueberbemittelten (an Geld oder Ehre), dass sie sich wenigsten etwas für diesen Zustand schämen.

Die Freude vieler an „David gegen Goliath“ ist begrüssenswert.

Plakativ: Die Erfolgreichen sind nur bessere Zulanger (bedienen sich frecher).

Wir belächeln gerne Länder, in denen Korruption offensichtlich ist. Wenn man die Geldflüsse der Pharma entdeckt, die mühelos auch in die Gremien zur Kontrolle von Korruption fliessen, dann gefriert einem das Lächeln im Gesicht.

Es ist einfach sehr schwer, Auswüchse unseres wunderbaren Gehirns zu vermeiden (Religion, Personenkult, ...) oder auch nur einzudämmen.

Natürlich will ich nivellieren. Aber das ist nicht gefährlich. Wenn ich sehr grossen Erfolg habe damit, dann geht z.B. die Einkommensschere von 1:1000 auf 1:900 zurück. Wer kann da etwas dagegen haben?

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Kommentare: 1
  • #1

    Agathe (Montag, 03 Juni 2013 07:45)

    Interessante Gedanken.

    Ich habe die Tendenz, Unsichtbarem nachzuspüren, wobei das auch wieder unscheinbar ist.

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